Die Hoffnung aufrechterhalten angesichts der Flüchtlingskrise und der Zerstörung durch die Explosion in Beirut
Zu viele Krisen für ein kleines Land
Der Libanon ist das Land mit der größten religiösen Vielfalt im Nahen Osten. Neben den drei größten Gruppen (Sunniten, Schiiten und maronitische Christen) gibt es weitere 15 im Land anerkannte Religionsgemeinschaften. Obwohl offiziell eine parlamentarische Demokratie regelt ein seit über 70 Jahren bestehender Nationalpakt das nach Konfessionsangehörigkeit austarierte politische System.
Zu diesem empfindlichen religiösen Gleichgewicht kommt, dass der Libanon auch ein wichtiges Aufnahmeland für Flüchtlinge ist. Seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 sind 1,5 Millionen Syrer in den Libanon geflohen. Dieser Zustrom, kombiniert mit fast 300.000 vertriebenen Palästinensern, die sich seit Jahrzehnten im Land aufhalten, macht den Libanon zum Land mit dem höchsten Prozentsatz an Flüchtlingen pro Kopf der Bevölkerung weltweit; 30 % der derzeitigen Bevölkerung sind Flüchtlinge.
War der Libanon vor dem Bürgerkrieg (1975 – 1990) ein wirtschaftlich starkes Land, u.a. das bedeutendste Finanzzentrum des Nahen Ostens, leben heute mehr als die Hälfte der über 6 Mio Einwohner in Armut. Es ist es nicht nur eines der am stärksten verschuldeten Länder der Welt, es erlebt auch seit zwei Jahren seine schwerste Wirtschaftskrise. Der Staat ist zahlungsunfähig und musste seine Gläubiger um Restrukturierung der Schulden bitten.
Aufgrund dieser riesigen Schuldenverpflichtungen und der sich abzeichnenden Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls begann der Wechselkurs des libanesischen Pfunds im Jahr 2019 zu fallen, was zu einer massiven Protestwelle und einer Legitimationskrise der Regierung führte.
Durch eine im August 2020 durch langjähriges Missmanagement bedingte Explosion im libanesischen Hafen starben 190 Menschen, über 6.000 wurden verletzt, 300.000 Menschen verloren ihre Häuser und Wohnungen.
Auch die Coronakrise hat den Libanon fest im Griff, im November 2020 wurde von der geschäftsführenden Regierung ein zweiter Lockdown verfügt. Das eigentlich gut funktionierende Gesundheitswesen ist überlastet.