Geschichten aus dem Alltag der Frauen im Jemen

Fatima AlBeedh, Länderbüro in Sanaa, Jemen 
4. Januar, 2024

Die Frauen im Jemen erleben eine doppelte Realität. Frauen in der Stadt haben Fortschritte verzeichnet und an Einfluss gewonnen, konkret in den Bereichen Bildung und Berufsleben. Auf dem Land jedoch stehen die Frauen vor großen Herausforderungen, da sie keinen Zugang zu den wichtigsten Ressourcen, zur Gesundheitsversorgung und zur Bildung haben, wodurch der Kreislauf der Armut fortgesetzt wird.  

In den städtischen Gebieten hat sich die Bildung der Frauen verbessert, die Einschulungsquote ist gestiegen und die Alphabetisierung hat zugenommen. Diese Stärkung der Bildung hat zu größeren Karrierechancen und zur Beteiligung an Entscheidungsprozessen geführt. 

Trotz der Fortschritte gibt es weiterhin Herausforderungen. Geschlechtsspezifische Diskriminierung, kulturelle Barrieren und die Auswirkungen des Krieges seit 2015 behindern Frauen, insbesondere in ländlichen Gebieten. Viele sind von Vertreibung, begrenzten Ressourcen und Gewalt betroffen. Schätzungsweise 7 Millionen jemenitische Frauen und Mädchen (etwa doppelt so viele wie die Bevölkerung von Berlin) benötigen humanitäre Hilfe, was die anhaltende Notlage verdeutlicht. 

Während sich Frauen in der Stadt in traditionell von Männern dominierten Bereichen wie der Wirtschaft und der Medizin hervorgetan haben, besteht ein scharfer Kontrast zu den Frauen in ländlichen Gebieten, deren Träume bescheiden, aber unverwüstlich sind. 

Der Traum von Yusra: Ein Ringen um Selbständigkeit inmitten von Widrigkeiten 

Die tragische Geschichte von Yusra ist ein Beispiel für den schwierigen Alltag vieler Frauen im Jemen. Mit 35 Jahren war sie verwitwet und kinderlos. Sie war darauf angewiesen, mit ihrem Bruder, seiner Frau, ihren zehn Kindern und ihrer Mutter in einem kleinen Haus im Dorf Al Theraa' im Gouvernement Hajjah zu leben, das etwa 120 km von der Hauptstadt Sanaa entfernt liegt. Die Armut in dieser Familie verhinderte, dass sie nach dem Tod ihres Mannes irgendetwas erreichen oder gar im Leben weiterkommen konnte. 

Sie hatte das Gefühl, eine schwere Last für ihren Bruder und seine Familie zu sein, denn ihr Bruder ist ein Handwerksgeselle, der nicht ohne Weiteres und auf Dauer eine Arbeit finden kann. So nahm er es in Kauf, zu einem sehr niedrigen Lohn zu arbeiten, um die Ausgaben seiner Familie zu bestreiten. Yusra fühlte sich schuldig und hilflos, weil sie wusste, dass ihr Lebensunterhalt die Belastung nur noch vergrößerte. Sie suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihnen finanziell zu helfen, ohne ihren Bruder zusätzlich zu belasten. 

Trotz ihrer schwierigen Lage träumt Yusra von einer besseren Zukunft, in der sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen kann. Sie träumt von einer Welt, in der sie eine Ausbildung erhalten und finanziell unabhängig sein kann, und sie hofft, ein Vorbild für andere Frauen in ihrer Gemeinschaft zu werden. Yusra glaubt, dass eine bessere Zukunft mit der richtigen Unterstützung und den richtigen Mitteln möglich ist, und sie ist entschlossen, ihren Traum zu verwirklichen. 

Hoffnung inmitten der Not: Asias Kampf um Wasser im Jemen, Bezirk Al-Musaymir 

Asia, eine Bewohnerin von Habeel Hanash, hat 50 Jahre lang Entbehrungen ertragen, die durch die Wasserknappheit aufgrund des anhaltenden Konflikts im Jemen noch verschärft wurden. Der Bezirk Al-Musaymir im Gouvernement Lahj im Südjemen, etwa 265 km von der Hauptstadt Sanaa entfernt, war von drückender Hitze, unwegsamem Gelände und Ressourcenknappheit gezeichnet. Die durch den Konflikt verschärfte Wasserknappheit wurde zu einer unablässigen Bedrohung, die Einwohnerinnen und Einwohner wie Asia in ernste Bedrängnis brachte.

Jahrzehntelang ertrug Asia beschwerliche Fußmärsche zu trockenen Wasserlöchern und wartete sieben bis neun Stunden für nur zwei oder drei Liter Wasser. Eine Tragödie ereignete sich, als ihre enge Freundin in einem Wasserloch ums Leben kam, was die gefährlichen Zustände verdeutlicht. Trotz ihres Kummers unternahm Asia weiterhin nächtliche Wanderungen, um Wasser für ihre Kinder zu holen, und nahm dabei unermessliche Entfernungen in Kauf. "Stellen Sie sich vor, Sie müssen mit ansehen, wie eine geliebte Freundin vor Ihren Augen umkommt, und Sie können nichts dagegen tun. Letztes Jahr hat meine liebe Freundin auf der Suche nach einer winzigen Menge Wasser Ihr junges Leben verloren und starb, als Sie in dieses unerbittliche Wasserloch fiel." Asias Stimme zittert vor Schmerz. 

Asias Geschichte spiegelt die anhaltenden Mühen der Frauen im Jemen wider, die jeden Tag ums Überleben kämpfen. Trotz ihres Leidens klammert sie sich an die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sie träumt von einem Tag, an dem ihre Kinder mühelos Zugang zu sauberem Wasser haben, und stellt sich eine Lösung vor, die den Menschen im Jemen ein besseres Leben bringen kann. Sie träumt von einer Zukunft, die frei von dem durch den Konflikt verursachten Leid ist und ein friedliches Leben für alle ermöglicht.

Wardas Hoffnung: Der Einsatz einer Mutter im Kampf gegen die Armut 

Im Herzen des Gouvernements Almahweet im Nordjemen kämpft Warda täglich darum, ihre Familie zu ernähren. Obwohl sie in einer Familie mit mittlerem Einkommen in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist, ist sie aufgrund mangelnder Bildung in einem Kreislauf der Armut gefangen. Mit 44 Jahren muss Warda ohne Einkommen für ihre neun Kinder sorgen, während ihr Ehemann darum kämpft, über die Runden zu kommen. 

Als sie mit ihrem zehnten Kind schwanger wird, nimmt Wardas Anspannung zu. Da sie sich keine angemessene Ernährung und medizinische Versorgung leisten kann, ist sie unterernährt und nicht in der Lage, für sich und ihr ungeborenes Kind zu sorgen. Tragischerweise zerbricht ihr Traum von einer besseren Zukunft, als ihr Kind stirbt, was Warda noch tiefer in den Kummer stürzt.

Warda, eine starke und mutige Frau, ist in einer erschütternden Situation gefangen. Sie träumt von einem Tag, an dem ihre Kinder den Fängen von Armut und Ausweglosigkeit entkommen können. Ihre Sehnsucht nach einer Zukunft, in der sie keine Angst haben muss, ein Kind aufgrund von fehlenden Mitteln zu verlieren, ist spürbar. Trotz ihrer bedrückenden Lage hält Warda an der Hoffnung fest und stellt sich eine bessere Zukunft vor, in der sie die Ketten der Armut sprengen und ihrer Familie das Leben bieten kann, das sie verdient. 

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