Nach dem heutigen Besuch bei einer syrischen Familie, fällt es mir schwer, meinen Bericht zu schreiben. Zu traurig stimmt mich das Schicksal der Familie, die mich in ihrer heruntergekommenen Hütte empfangen hat.
Zahira kam vor gut 5 Jahren in der Nähe von Mafraq an. Nachdem der Krieg in Syrien begonnen hatte, versuchte die Familie noch weitere 1,5 Jahre in Syrien zu bleiben, bis zwei der Töchter Kampfflugzeuge sahen und um ihr Leben laufen mussten. Eine Tochter stolperte und brach sich ihr Bein. Das zweite Mädchen rannte nach Hause und holte Hilfe. Zahira erzählt uns, wie groß ihre Angst und Sorge um ihre Tochter waren, die dort mitten auf der Straße lag, während die Bomben vom Himmel fielen.

Zahira hat 5 Töchter und 2 Söhne. Eine der Töchter ist Autistin, ein Sohn wurde ohne Arme geboren. Der beeinträchtigte Sohn besucht den Kindergarten von Vision-Hope. Der Leiter des Kindergartens berichtete mir, dass der Junge keine Chance hätte, irgendwo anders einen Kindergartenplatz zu bekommen.

Trotz des Handicaps nahm er das Kind in den Kindergarten auf und integrierte den schüchternen Jungen in die Gruppe. Gestern sind der Kleine und ich gleich Freunde geworden, weil ich ihm geholfen habe, seinen Schokoladenriegel aufzumachen. An dem Tag hat er für gute Leistungen ein Sternchen auf die Stirn bekommen und strahlte in meine Kamera.
Zahiras Mann arbeitet hier als Farmer, er bekommt fast keinen Lohn. Sie erhält Coupons von der UN für Lebensmittel. Diese kann sie aber nur für Essen nutzen, Kleidung oder dringend benötigte Hygieneartikel kann sie davon nicht kaufen. Nach dem Bombenangriff auf die Schule sind sie geflohen und in dieses wunderschöne Land gekommen; sie dankt Gott dafür.
Ich schaue mich in ihrer Hütte um und schäme mich, während sie ihre Geschichte erzählt. Da sitze ich, mit meiner großen Kamera und mache Fotos, verstecke mich hinter Notizen und in mir beginnt sich Hilflosigkeit auszubreiten. Eine der älteren Töchter bringt Kuchen und Limonade herein. Ich traue mich nicht, davon zu nehmen, weil ich weiß, dass sie es sich vom Mund absparen müssen. Ablehnen wäre aber unhöflich.
Sie ist unglaublich dankbar für das Engagement von Vision Hope. So konnte nicht nur ihr Sohn den Kindergarten besuchen, sondern auch ihre Tochter konnte bis zum Sommer in die Vorschule gehen. Leider findet das Nachmittagsprogramm aktuell nicht statt, an dem das Mädchen teilgenommen hatte.
Ihre autistische Tochter bekam dort zusätzlich auch eine Therapie. Momentan setzt Vision Hope alle Hebel in Bewegung, um das Nachmittagsprogramm wieder starten zu können. Aber Bürokratie und Behörden sowohl in Deutschland als auch in Jordanien, lokale Organisationsstrukturen und Geld sind dabei wichtige Faktoren. Wenn ein Faktor fehlt, müssen Projekte ausgesetzt oder abgesagt werden. Dabei könnte hier die ganze Familie von dem Programm profitieren.

Zahira erzählt uns, dass sie keine Miete bezahlen muss, da die Mäuse durch das Dach kommen. Sie selbst habe bis zur 6. Klasse die Schule besucht, ihre Töchter sollen die Chance bekommen, länger unterrichtet zu werden. Ihre ältesten Kinder seien unglaublich fleißig und brächten gute Noten nach Hause. Nur so kommen sie aus der Armut heraus.
Sie hat große Geldsorgen, weil ihre Tochter dringend Therapien und Medikamente benötigt aber ihnen das Geld dafür fehlt.
Als ich die Gruppenfotos schieße, schaut sie zu Boden. Sie trägt die ganze Zeit ihre Niqab, da ein Mann anwesend ist. Auf die Frage nach ihren Träumen antwortet sie, sie wünscht sich, nach Syrien zurück zu gehen. Sie träumt von Frieden dort und von Frieden für ihre Familie. Sie möchte ihre Kinder glücklich aufwachsen sehen.
Ehrenamt in Jordanien. Fotos und Text © Alea Horst für Vision Hope International. Im Oktober 2016 besuchte Alea Jordanien. Von dort schickte sie uns Bilder und Geschichten, die wir hier in einer Serie von zehn Artikeln teilen werden. In Jordanien, diesem warmen, einladenden arabischen Reich sind 89 von 1000 Einwohnern Flüchtlinge, dies sind ihre Geschichten.